P. Arnold Janssen, der Rektor des Steyler Instituts, bemühte sich um ein eigenes Missionsgebiet. Nach langwierigen Verhandlungen mit den Franziskanern und dem Vatikan wurde ihm Süd Shantung anvertraut, wo bisher italienische Franziskaner tätig waren. Es war ein großes Gebiet südlich des Gelben Flusses mit drei Präfekturen und ca 9 Millionen Einwohnern. Der Gelbe Fluss, der kaiserliche Kanal und andere Flüsse waren teilweise schiffbar. Es gab kaum mehr als 150 Katholiken zerstreut in Dörfern bei Puoli im westlichen Teil von Süd Shantung. P. Freinademetz erreichte das Gebiet nach 32 Reisetagen teilweise auf dem Meer und teilweise auf dem Gelben Fluss. Er kam am 15. Juli 1881 in Tsinanfu, der Hauptstadt von Shantung, an, wo der Apostolische Vikar, der Franziskaner Egidio Cosi, residierte. Er nahm die neuen Missionare freundlich auf und beherbergte sie 9 Monate lang, bevor er ihnen den südlichen Teil seiner Mission übergab. Während dieser Zeit im Bischofshaus erhielten Anzer und Freinademetz den französischen Pass, lernten ein wenig die lokale Sprache und P. Anzer wurde zum Apostolischen Provikar von Süd Shantung ernannt. Im Jänner 1882 zogen sie in ihre Mission. Der Hauptsitz war Puoli.
Gut zwanzig Jahre arbeitete P. Freinademetz in Abhängigkeit von P. Anzer, der ihn zum Wandermissionar machte mit der Aufgabe, Christen ausfindig zu machen und eine christliche Gemeinschaft zu gründen. Als dies gelang, setzte er Katechisten ein, die er selbst in einer von ihm in Puoli gegründeten Schule ausbildete. Nach und nach kamen weitere Missionare aus Deutschland.
1884 reiste der Provikar Anzer nach Europa und vertraute Freinademetz das Provikariat an. Er kam erst nach zwei Jahren zurück, er wurde zum Bischof geweiht und zum Apostolischen Vikar von Süd-shantung ernannt. Freinademetz ernannte er zum Provikar, er blieb weiter unter Anzer, der auch Leiter der Steyler Mission war.
Inzwischen wurde die Gesellschaft des Göttlichen Wortes zu einer Kongregation. Der Gründer Arnold Janssen war jetzt Generalsuperior mit einem Generalrat an seiner Seite. Bischof Anzer war Provinzoberer von Süd-shantung.1886 wurden die ersten Mitglieder der Gesellschaft, darunter auch Freinademetz, zu den ewigen Gelübden zugelassen. Im Vikariat nahm die Zahl der Katholiken zu, damit wuchsen auch Arbeit und Verantwortung. Der Bischofssitz wurde in die Stadt Yenchowfu verlegt. P. Freinademetz hielt sich meistens in der Stadt Tsining auf. Diese zwei Städte befanden sich im Zentrum des Vikariats.
Deutschland übte Druck aus, es wollte das französische Protektorat durch ein deutsches ersetzen. Bischof Anzer reiste im August 1890 neuerdings nach Europa und kehrte erst im Monat Juni des folgenden Jahres zurück. Die geforderte Übernahme des Protektorats durch Deutschland wurde vollzogen und die Missionare erhielten einen deutschen Pass. Die chinesische Regierung und die chinesischen Mandarine waren davon überrascht, sie waren in Sorge, ihre Territorien an die Deutschen zu verlieren. Nun setzten feindselige Akte gegen die Missionare ein. Im November 1897 wurden zwei junge deutsche Missionare ermordet. Die deutsche Regierung reagierte darauf mit der Besetzung der Bucht von Kiaochow in der Provinz Shantung und postierte deutsche Kriegsschiffe. Die Provinz Shantung wurde ein deutsches Protektorat. Mit dem Militär kamen auch deutsche zivile Kolonialisten.
Während all dieser Zwischenfälle war P. Freinademetz wieder der Administrator des Vikariats, da Bischof Anzer im August 1897 nach Europa gereist war und erst im Juni des folgenden Jahres zurückkam. Diese Monate waren für ihn als Administrator überaus hart, sie setzten ihm auch physisch zu. Um zu zeigen, dass er die deutsche militärische Besetzung nicht gut hieß, verhandelte er, um wenigstens eine Entschädigung für die chinesische Provinzregierung und Mandarine zu erreichen. Deshalb reiste er nach Peking und übereichte dem deutschen Boschafter die Forderung einer Wiedergutmachung. Seine Vorbehalte gegenüber der militärischen Besetzung blieben den führenden Personen des deutschen Protektorats von Shantung nicht verborgen.
Für die Missionare wurde die Situation immer gefährlicher. Der Hass gegen die Fremden steigerte sich wegen der militärischen Okkupation und des Benehmens der Besatzung. Die „Sekte der großen Messer“, auch Aufstand der „Boxer“ genannt, organisierte sich. Sie griffen die Missionsstationen an und plünderten sie aus, mißhandlten Missionare und Katechisten, auch die einfachen Christen vertrieben sie aus ihren Häusern. Im März 1899 wurde P. Freinademetz in der Umgebung von Tsimo überfallen und grausam misshandelt. Der deutsche Gouverneur wies die Missionare an, ihre Missionen im Landesinnern zu verlassen und Zuflucht in sicheren Regionen an der Küste zu suchen. P. Freinademetz und einige Missionare blieben auf ihren Posten.